Der Keller

Der Bruder Korn, ein Landvermesser,
nahm in der Nacht sein Fahrtenmesser
und schnitt den Lämmern auf der Weide
die Kehle durch. Die Eingeweide
verbriet die Köchin, die im Keller
als Mamsell diente und als Hüter
von ausgedienten Geographenmägen.

Korn hielt sie angekettet an den Herden. Es hingen
Federn, Postkarten, Blumen, Werkzeug, beispielsweise Sägen,
an den Wänden und glasige Rezepte, die von der Hand ihr gingen,
als hätt’ seit Generationen sie an ihnen sich versucht.
Im Dunkeln träumt die Frau von Inseln und von Flucht.
Und Korn brachte aus aller Herren Länder
ihr viel Gewürze mit und prächtige Gewänder,
und andre seltsame, schwer erworbne Güter.

Er häufte alles an in seinem Keller, um sie zur Ruh
und immer nur zur Ruh und wieder Ruh zu bringen,
damit das wilde Träumen einmal still war. Immer besser
verstand er, sie zu nehmen, seine Mutter,
zum Schweigen sie zu drängen, sie zu zwingen,
die murrend Eingefleischtes in die Töpfe stieß,
damit der Schlachter sie in Frieden ließ.
Er war ein grausamer und unbedingter Esser.

21. January 2017